Report Open Access
Fischer, Jannik M.K.; Wetzels, Peter; Brettfeld, Katrin; Farren, Diego
In dem vorliegenden Forschungsbericht werden Ergebnisse einer im Frühsommer 2022 durchgeführten Onlinebefragung einer für die Bevölkerung in Deutschland insgesamt repräsentativen Einwohnermeldeamtsstichprobe von n=3 270 Jugendlichen und Heranwachsenden vorgestellt. Im Mittelpunkt der Analysen stehen die Verbreitung antisemitischer Vorurteile bei jungen Menschen, deren soziale Verteilung sowie dafür relevante Einflussfaktoren. Die Ergebnisse zeigen, dass insgesamt 2.1% der Jugendlichen und Heranwachsenden offen für antisemitische Ressentiments sind. Weitere 2.0% lassen eindeutige, hoch ausgeprägte antisemitische Einstellungen erkennen. Damit sind die Prävalenzraten antisemitischer Einstellungen bei jungen Menschen etwa halb so hoch wie die mit gleichartigen Messinstrumenten im gleichen Jahr in einer repräsentativen Befragung von Erwachsenen festgestellten Raten. Es sind aber erhebliche Differenzen der Prävalenzraten antisemitischer Einstellungen zwischen Teilgruppen der jungen Menschen zu erkennen. Jugendliche und Heranwachsende mit einem Migrationshintergrund weisen signifikant erhöhte Raten antisemitischer Einstellungen auf. Besonders hoch sind diese Raten antisemitischer Vorurteile bei jungen Muslim:innen. Aber auch dort stellen antisemitische eingestellte Jugendliche und Heranwachsende nicht die Mehrheit.
Multivariate Analysen zeigen weiter, dass die hohe Verbreitung antisemitischer Ressentiments bei jungen Muslim:innen nicht durch deren vermehrte individuellen Diskriminierungserlebnisse oder die bei ihnen weit verbreitete Wahrnehmung einer kollektiven Marginalisierung ihrer Eigengruppe erklärt werden kann. Wichtige Einflussfaktoren sind hingegen, neben einer geringen Bildung, die Neigung zum Verschwörungsglauben sowie eine rigide, fundamentalistische Religionsauffassung. Besonders auffallend und für die Praxis relevant ist die erkennbare starke Überrepräsentation von Muslim:innen der ersten Migrantengeneration unter den jungen Menschen mit antisemitischen Einstellungen. Insoweit ist für die Antisemitismusprävention festzustellen, dass ein großer Anteil ihrer Zielgruppe aus jungen Migrant:innen der ersten Migrant:innengeneration besteht, darunter in hohem Maße vor allem junge Muslim:innen, für die geeignete Angebote geschaffen werden sollten.
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UHH FoBeri 15 JuMiD 2022 Antisem vers5 final.pdf
md5:7433db384c8955f3364d5ebc1be1f9b3 |
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